Geteiltes Gedächtnis
Die Oder markiert seit über einem halben Jahrhundert eine Grenze
des Friedens und doch ist sie Ergebnis des Zweiten Weltkriegs. Im
Gedächtnis vieler Bewohner dies- und jenseits des Flusses ist sie
mit dem Verlust der eigenen Wurzeln verbunden. Die einen stammen aus
Gebieten an der Memel, in Galizien oder weit hinter dem Bug, für
die anderen liegt die alte Heimat in Pommern, Masuren oder
Oberschlesien. Für beide Seiten stellt die Oderregion eine neue
Heimat dar. Aufgrund der starren Grenzen des Kalten Krieges ist die
Oder aber zu einem Fluss geworden, der die Menschen trennt. Hier leben
Deutsche und dort Polen. Obwohl der Strom an vielen Stellen
überquert wird, und viele Kontakte die bestehenden Hindernisse
überwinden, ist die Oder noch immer nicht die Lebensader der
Region. Durch die Rückkehr zu den abgetrennten Wurzeln sowie das
Erleben von Vielfalt und Reichtum der Vergangenheit verwandelt sich das
geteilte Gedächtnis zu einer gemeinsamen Geschichte in der
Gegenwart.